Route:Decin-Prag-Pelhrimov-Breclav

05.08.02 Decin-Horomerice (ca.7km vor Prag), 121,73 km, 6,31 h Fahrtzeit

Die Nacht war nett, die erste Teiletappe nicht, denn anstelle auf einer kleinen Strasse entlang der Elbe, fanden wir uns auf einer Strasse, die auch die LKWs nutzten und einer nach dem anderen an uns vorbei donnerte, wieder. Endlich in Usti wechselten wir die Flussseite und brausten auf einem Radweg entlang der Elbe weiter. Bis hierher war es noch sehr schoen und sehr flach und wir ahnten noch nicht, dass uns die Strasse uebers Erzgebirge, naja, Auslaeufer dessen, leiten sollte.
Jedes Dorf liegt in einem Tal und so fuhren wir bergab in die Doerfer rein und bergauf wieder raus, bergauf rein, bergab raus. Kommt da noch ein Berg Fragezeichen natuerlich, aber wo ist das hier auf dieser Tastatur Fragezeichen, ahhh???
O.k. anhalten und umpacken, Amiram hat die Zeit genutzt und sich Gedanken gemacht, warum ich nicht so richtig flott vorwaerts komme. Das Resultat: Ick bin ne Frau und ick hab wohl zu viel Jepaeck. Dessen nimmt sich nun Mister Bergziege an und alles aendert sich. Ich gebe ein Tempo vor, dass Amiram es nicht mal schafft, schicke Landschaftsaufnahmen zu machen.
Amiram moechte ein Gespraech darueber fuehren, ueber was man sich so alles Gedanken machen kann, wenn man so lange Strecken Fahrrad faehrt. Mir faellt dazu nicht so richtig viel ein, denn bisher waren meine Gedankengaenge doch recht einfach gestrickt und drehten sich meist darum, ob das nun der letzte Berg, fúer heute, fuer morgen, fuer die Tour oder fuer immer oder wie? sein wuerde, wann ich wieder einen Keks essen kann, ob ich umfalle,
wenn ich meine Trinkflasche gerade dann ansetze, wenn ein LKW an mir vorbei zieht oder aehnliches.
Noch ein Stopp in einer netten kleinen Stadt, wo wir Kartoffeln kaufen und entscheiden, noch bis Prag zu fahren, wenn uns nicht mehr zu viele Huegel in die Quere kommen. Kamen sie doch und wir suchten uns einen Zeltplatz in der Naehe Prags in der Einflugschneise des Prager Flughafens.
Wuerden uns eher die wilden Nacktschnecken die Nacht zur Hoelle werden lassen oder die Lichter der Flugzeuge, die Taschenlampen-like um unser Zelt schlichen??

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06.08.02 Horomerice-Prag 30,2km

Nachdem wir morgens flott das Zelt und unsere sieben Sachen zusammengepackt hatten ging es nach Prag. Es waren zwar nur noch ca. 10km aber es gab noch einige Steigungen, die wir wohl einen Tag vorher nicht mehr bezwungen haetten. In Prag angekommen goennten wir uns einen Palatschinken)B ei uns wuerde man sagen einen Crepe.
Gary, ein guter Bekannter von Mareike, der in Prag lebt hatte bereits von unserer Tour gehoert und wir wollten uns deshalb mit ihm treffen.
Noch in Berlin hatten wir ausserdem die Adressen der Greenpeace-Bueros auf unserem Weg notiert um dort reinzuschauen. Gesagt getan, nach einem Anruf, etwas Orientierung und, wie soll es anders sein, nach ein paar Huegeln standen wir im Tschechichen Greenpeace Buero. Das Buero war groesserals wir erwartet hatten. Es arbeiten dort 11 Leute und es befindet sich im Botschaftsviertel von Prag. Wir hatten insgeheim gehofft dort in einer Art Lager oder so etwas uebernachten zu koennen. Die Uebenachtungsmoeglichkeiten dort sind allerdings sehr begrenzt, da es sowas wie das Hamburger Lager, oder das Lager in Berlin nicht gibt. Als wir uns nun auf die Suche nach einem Hostel machen wollten, sagten uns zwei Maedels (Satu und Ilona) aus dem Buero sie wuerden mit uns im Buero schlafen. Ein wenig verlegen wegen den Umstaenden die wir nun verursacht hatten, aber froh so einfach eine Bleibe gefunden zu, haben nahmen wir das Angebot an.
Spaeter ging es dann mit der Prager U-Bahn zu Gary, mit dem wir in einer urigen Tschechischen (kompliziertes Wort) Kneipe sehr, sehr gut speisten. Im Lonely Planet steht zu Tschechischer Kueche: "...Es gibt sehr wenig frischer Gemuese..." Nach dem Essen gestern kann ich nur sagen, da ist mal ein Update erforderlich :-) Morgen werden wir dann erst mal versuchen Mareikes Kamera reparieren zu lassen und noch ein paar Sachen zu erledigen, bevor es weiter geht.

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07.08.02 Prag-Jesenice s=43,11km t=2:59h

Aus Prag raus war es nicht so einfach wie erwartet, im Dauerregen brauchten wir fast 2,5 Std., um den Weg aus der grossen Stadt zu finden. Es wurde dunkel und es machte keinen Spass mehr, allerdings fanden wir auf unseren Weg einen SUPERMARKT. Wir hielten (beinahe haetten unsere quitschenden Reifen noch schwarze Spueren hinterlassen) prompt an, schalteten das Radio ein und befriedigten unsere Gelueste nach Suessigkeiten und Kaesebrot.

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08.08.02 Jesenice-Pelhrimov s=97,49km t=5:53h

Ha, der naechste Tag fing besser an. Wir radelten bei ganz gutem Wetter los, waren gestaerkt und freuten uns auf schoene Landschaften. Die bekamen wir dann auch, aber zwischendrin standen unglaublich viele Berge, die konnten und wollten wir nicht zaehlen, es waren einfach zu viele. Und das feinste an diesem Tag, der dann ziemlich anstrengend war, war unsere Unterkunft. In Pelrhimov bekamen wir ein wunderschoenes Zimmer, das so gross war, dass wir sofort wieder unser nasses Zelt auspackten, allerdings diesmal nicht, um darin zu schlafen, es sollte einfach trocknen. Wir gingen essen und schmissen uns danach sofort vor die Glotze und guckten auf Tschechisch eine Polizei-Serie (RTL Produktion) und haetten schwoeren koennen, dass das ganze eine tschechische Serie sei, haetten wir nicht gesehen, dass die Serie in Berlin spielte. Tja, so viel zu Vorurteilen!! Aber wir genossen den Abend noch voll bei Keksen im Bett mit einer Fernsehserie, bei der wir nichts verstanden.

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09.08.2002 Pelhrimov-Budejovice s=83,98km t=4:45h

Und wieder ein Tag, der folgendermassen begann: Zelt zusammenpacken, Taschen packen, rechtes Bein in die Radlerhose, linkes auch, Sonnencreme ins Gesicht, Helm auf und vor allem: Fahrraeder reparieren! Die Konstruktion des Gepaecktraegers ist nicht so zuverlaessig und wir sind haeufig am Ausbessern.
Und dann gings los: bergauf, bergab, bergauf, bergab... der Tag zuvor sollte nur eine Kostprobe gewesen sein. Wir fuhren durch lauter malerische kleine Doerfer, die wir nur dann so richtig geniessen konnten, wenn wir eine Pause einlegten. Nach ueber 80 hart erkaempften Kilometern dann unser Tagesziel Moravske-Budejovice und ein BILLA der bis 20.00 geoeffnet hat, obwohl er, wie fast alle Laeden in Tschechien, schon um 7 oeffnet! Ach was, ist die Zivilisation doch auch schoen. KAUFEN,KAUFEN,KAUFEN. (Amiram hat mir ein Eis mitgebracht!!). Wir machen uns immer oefter Gedanken darueber wie es sein wird wenn man nicht mehr im Schlaraffenland unterwegs ist.
Nun ganz kurz etwas zu Tschechien und nochmals zu Vorurteilen die man als Westeuropaer so hat.

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10.08.2002 Breclav 110,23 km 6,09 h Fahrtzeit

Anfangs noch etwas bergig, dann nur noch mittlere Huegel, dafuer aber extremer Wind, und von wo wird der wohl kommen? Wer es weiss, kriegt 100 Punkte von mir, ich hoffe, das schaffen viele von Euch!
Nach 30 km gibt es eine ersehnte Pause, nachdem wir ein Feld hinter uns gelassen hatten, das frisch geduengt und nicht so richtig einladend war, um hier eine Rast einzulegen. Etwas spaeter verschlangen wir dann Schokomuesli (gibt es bestimmt auch bald nicht mehr, schon allein, weil uns die Milch wohl schlecht werden wird. Zur Zeit geht das noch gut, wir fahren einfach so berauschend schnell, dass der Fahrtwind die Kuehlschrankfunktion uebernimmt).
Gegen Mittag wollten wir noch etwas zu Essen kaufen, aber die Laeden machen hier nicht nur frueh auf, sondern auch frueh zu. Jedenfalls in den kleinen Doerfern. Kaese und Brot gabs dann doch noch fuer uns und 2 Jungs fuhren noch ein Stueck mit uns mit dem Rad und zeigten uns den Weg.
Wir schliefen auf einem netten Campingplatz mitten in der Stadt. Wir bauten unser eigenes Zelt auf, haetten aber auch eine ganz klitzekleine schoene Huette haben koennen.

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11.08.2002 Breclav-Placevy Strvtok s=76,93km t=3,49 h Fahrtzeit

Nur 10 km bis zur Grenze, das klingt doch gut und wir brausten los. Auf der Strasse waren immer wieder Schilder aufgestellt worden, die auf irgend etwas aufmerksam machen sollten. Wir aber nix verstehen. Also fuhren wir weiter bis wir an eine Strassensperre kamen. Amiram winkte eine Gang italienischer Harleyfahrer, die aus der abgesperrten Strasse kamen raus und machte sich kundig. Der Grenzuebergang war wegen Hochwasser geschlossen und wir mussten wieder zurueckfahren (20km umsonst!) und den Uebergang auf der Autobahn nehmen. AUTOBAHN?!? Ein netter Herr versicherte uns, dass das vollkommen o.k. sei. In eineme Affentempo (wir hatten Subber-Rueckenwind) stimmten wir uns auf unseren Abstecher auf die grosse Strasse ein. Ausserdem gabs noch fuer jeden eine Banane. (Mandarinen gibt es zur Zeit nicht, Andreas) und je 2 Ohrstoepsel. Dann rauf auf die Autobahn.
Die Grenzbeamten waren ein wenig erstaunt, uns zu sehen und der tschechische Beamte fragte uns auf Deutsch, ob die Raeder wohl unsere LKWs seinen. Er scherzte und schnitt Grimassen, die sein slowakischer Kollege nicht sehen konnte der ein wenig finster dreinschaute..
Der Umstand das es in stroemen regnete und wir ausser einer richtigen Absteige, oder ueberteuerten Pensionen kein Zimmer fanden liess uns die Slowakei nicht gerade ans Herz wachsen. Wir waren gezwungen weitere 10km bis zum naechsten Campingplatz zu fahren. Gluecklicherweise gab es dort guenstige Zimmer, denn es goss dermassen das an Zelt aufbauen nicht mal zu denken war. Das Hotel erinnerte doch sehr stark an Zeiten der Sovjets. Ich konnte mir lebhaft vorstellen wie hier das Naherinnen Kombinat Stalin aus Pressburg, was fuer ein toller Name, ihre Sommerfrische verbrachten. Von frisch konnte hier allerdings uerberhaubt nicht die Rede sein. Es roch doch etwas muffig. Gerade jetzt habe ich wieder so ein Geruchsflashback. Mareike gib mir doch bitte mal Dein Deo, ahhh.

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1: Wirtschaftswachstum von ca. 4%. Mindestens so gut entwickelt wie der deutsche Osten. Fast ueberall Kassen mit in denen die Leute mit EC Karte bezahlen koennen, Supermaerkte die aussehen wie in Deutschland etc. etc. Nicht die Spur von Ostmief

2: Die Menschen, sehr sehr freundlich, immer hilfsbereit. Liberale Grundeinstelleung

Die Bilanz: Durchweg sehr positiv. Ach ja da war noch was. Ich dachte immer die Deutschen seien fruehaufsteher. Von wegen. In Tschechien oeffnen manche Geschaefte bereits um 6:00-7:00 Uhr. Nein, nein nicht der Baecker, sondern der Supermarkt der bei uns um 8:00 oder spaeter aufmacht. Das finden wir jetzt nicht beonders klasse, oder nachahmenswert, aber bemerkenswert ist es allemal. Da fragt man sich, wann geht es dann Abends in die Koje?!

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