Radeln wie Gott in Frankreich – in Pakistan
Genug der Faulenzerei, die Hintern auf die Saettel geschwungen und weiter
gings, stets bergauf, gen Hunza-Tal, das das schoenste auf dem ganzen KKH sein soll. Ausserdem sind die Menschen hier nicht nur super nett, sie werden auch unglaublich alt. Aber liegt es tatsaechlich am grau-braunen Wasser, das sie direkt aus den Kanaelen schluerfen?
Wenn man hier so mit offenen Armen empfangen wird, will man kaum glauben, dass dieses Voelkchen eine blutige Vergangenheit hat. Zu Seidenstrassenzeiten verdienten sie sich ihren Unterhalt mit regelmaessigen Ueberfaellen auf die vorbeiziehenden Karawanen. Einige der alten Routen, die in die steilen Felsen gehauen sind, kann man noch heute bewundern.
Wir genossen die Gastfreundschaft, das gute Essen und die unglaublich gruene Umgebung, ueberall dort, wo Menschen siedeln. Fast unglaublich, aber wahr. Die Leute machen aus oeder Steinwueste bluehende, fruchtbare Landschaften.
In Minapin, wo wir auf amerikanische Missionare trafen, trainierten wir mal ein paar andere Muskeln und unternahmen einne kleine Wanderung zum Rakaposhi (Mutter des Nebels) – Basecamp. Als wir hoerten, dass andere diesen Trip an
nur einen Tag unternommen hatten, warfen wir unsere Plaene ueber den Haufen uns auf Aussagen des Lonelyplanet Reisefuehrers zu verlassen und kletterten nicht nur an einem Tag hoch, sondern stolperten auch noch am selben Tag runter. Ahnet was dann kam.
Muskelkater fuer die naechsten 3 Tage!!
Aber der Anblick uebertraf all meine Vorstellungen, mein Mund weit offen stehend, bewunderte, bestaunte ich den Gletscher, der weiss und zackig den Berg herunterlfisst. Dieses weiss berauchste uns so sehr, dass wir am liebsten gar nicht mehr zurueckgegangen waeren. Aber die Aussicht auf ein tolles Abendessen und eisiger Wind trieben uns wieder zurueck ins Diran Gaestehaus.
"Sorry Mam, border is not available this time"
Das war der erste Satz, den wir in Sost, in der Grenzstadt zu China zu hoeren bekamen. Naja, hatten wir uns ja fast gedacht. Nichtsdestotrotz wollten wir das Abenteuer wagen und den KKH bis zum Kunjerab Pass hochfahren.
Wir kauften Proviant (Gemuese und Obst, sowie Ketschup, Nudeln,
Cornflakes), zahlten die 4$ Eintrittsgebuerhr fuer den Kunjerab Nationalpark und begannen den Aufstieg. Die Stiegungen waren zu Beginn noch gemuetlich, im Vergleich zu Indus Kohistan. Bei Dhee-checkpost, wo es Gaestemmer gibt, mussten wir unsere Paesse abgeben. Zur Sicherheit. Ein paar Tage zuvor hatte ein Japaner den Trip nach oben dazu genutzt, trozt Verbot am Pass zu uebernachen. Mit dem Ergebnis, dass er um 23.00 Uhr wieder
herungtergeholt wurde.
Nach dem checkpost Barkhun, wo wir uebernachtet hatten, hoerte die schoene Flusslandschaft auf und es wurde wieder rauher und schwaerzer.
Noch ein Tee am checkpost Koksil und es in geht auf Serpentinen weiter nach oben. Entlang von Yakherden und pfeifenden Murmeltieren. In der Ferne konnten wir sogar Ibexe sehen.
Amiram unternahm auf jenen Fall nicht den Versuch, die Grenze umzufahren, sondern begnuegte sich mit Fotos vom Grenzuebergang, bevor wir im Eis- und Schneestrum die 17 km nach Koksil frierend und fluchend wieder runterfurhren.
Wir bauten unser Zelt im Haus der Grenzbeamten auf und waermten uns mit Tee mit Yakmilch, lehnentn aber freundlich ab, das Schaf zu essen, dass man fuer uns geschlachtet hatte. Zum Guelck fanden die Herren das nicht so schlimm, so hatten sie mehr von ihrem Festmahl.
3 Tage spaeter waren wir wieder in good old Gilgit im Mountainrefuge und entspannten uns im Garten von Ibrahim.
Gestern noch wurde uns von jeder offiziellen Seite in Pakistan versichert
es gaebe keine Chance das die Grenze vor dem 1 Juli oeffnen wuerde und auch
das sei absolut unbestaetigt.
Mittlerweile hatten wir erfahren das die iraner hier in Islamabad 10 Tage
benoetigen um ein einfaches Visa auszustellen. Hinzu kam das wir im erfuhren
das wie erwartet alles Zuege in Richtung Sueden bis zu 2 Wochen ausgebucht
sind. Ach da kam gute Laune auf. Mareike und ich entschlossen uns dann einfach
den ganzen Unsinn so gut es geht zu vergessen.
Warum hat das Niemand, nicht einmal der Deputy Commissioner in
Gilgit gewusst??? Allahs wege sind nun einmal unergruendlich... wie wahr.
Nun muessen wir das ganze aber bestaetigen lassen. Bisher ist uns das nicht
gelungen, weder Bestaetigung noch Dementi. Also sieht alles danach aus das
wir morgen wieder nach Gilgit fahren, jaaa mind. 16 stunden wackel-schuettel Busfahrt
und dann insch-Allah weiter zur Grenze, wo wir dann im Extremfall mit den
Raedern den Schlagbaum durchbrechen ;-)
Haengenden Hauptes entschieden wir uns in Richtung Islamabad zu fahren um
das iranische Visa fuer unsere Alternativroute zu beantragen. Richtig klasse
fanden wir das alles nicht, denn im Sueden des Iran ist es zur Zeit kochend
heiss und die studentischen Unruhen sind auch nicht gerade einladend.
Mareike las zur entspannung die gekaufte Zeitung und SIEHE DA:
Eine winzige Meldung die besagte das die Grenze heute am Montag den 16.06.2003 wieder
geoffnet wuerde!!!.
Die letzten 11 Tage habe ich oft an das gleichnamige Kinderbuch gedacht. Sei es bei dem Anblick von
Maennern die auf den Daechern von Trucks oder Bussen sassen, oder stehend auf Jeeps vorbei an tiefen
Abgruenden an uns vorbeirauschten. Wild war es ebenso wie wir uns ueber Sand und Felsbrocken kaempften, wo Erdrutsche
den KKH fuer km unter sich begraben, oder in die Tiefe gerissen hatten.
Bereits nach der erstem Etappe, vorbei an Wasserfaellen die die Strasse ueberschwemmten oder entlang an
Steilwaenden aus Granit bin ich mir ganz sicher das diese Gebirgsstrasse eine der atemberaubendsten
Wege zum radfahren ist. Abgeshen von den harten Waden und Oberschenkeln die Mareike und ich brauchten, waeren auf der
Sollseite zu verbuchen, das wir fast ausschliesslich in landesueblicher Camouflage radeln, als Westler
nicht gerade zu den natuerlichen Freunden einiger hier gehoeren und das Steine hier tief fliegen
koennen. Die grosse Mehrheit der Menschen entlang des KKH sind allerdings ueberaus gastfreundlich und speziell
uns Deutschen gegenueber sehr wohlgesonnen. "The Eigth Wonder of the World" Am Abend nach dieser Etappe waren wir so erschoepft wie sehr selten
waehrend der ganzen Tour. Aber dafuer mit Bildern und Erinnerungen vor Augen die Mareike und
ich sicher nie vergessen werden. "Nestle Babynahrung"
Der erste Teil unserer Tour auf dem legendaeren KKH, der durch die fuenf der groessten Gebirszuege
unseres Planten fuehrt liegt nun also hinter uns und wir ruhen uns gerade in und vor unserem Zelt
unter schatten spendenden Obstbaumen aus.
Von ein paar vereinzelten LKWs, Bussen und Jeeps abgesehen gibt es keinen Verkehr, die Luft ist glasklar,
die Szenerie atemberaubend und man faehrt zu immer neuen Aussichtspunkten der Superlative.
Haarstraeubende Seilbahntouren von Mensch und Tier ueber den reissenden Indus, "The Killer Mountain" Nanga Parbat
mit 8125m der achthoechste Berg der Welt dessen stetige Unruhe und Erdrutsche die Umgebung in Atem haelt
liegen hinter uns. Das Sahnestueck des KKH mit anderen Giganten aber
liegt erst vor uns.
Sei es wegen der aktuellen deutschen Aussenpolitik, oder wegen unserer Vergangeheit, ueber die
Mareike und ich immer wieder Aufklaerungsarbeit leisten muessen: "Nein, mein Kampf ist kein gutes
Buch und Hitler war kein mutiger Fuehrer". Uns wurde mehr als einmal schlecht, wenn wir die
verdrehten Ideen einiger ueber das dritte Reich zu Ohren bekamen.
So steht es auf etlichen Steintafeln entlang des Highways geschrieben. Die "FWO" (Frontier Works Organisation),
Pakistans harte Jungs in den Bergen, die den KKH gebaut haben wissen aber auch das ihr "Weltwunder" ganz schnell
verschwinden kann. Deshalb leisten die Jungs hier ununterbrochene Knochenarbeit bei der Instandhaltung
dieses Verbindungsweges zwischen Pakistan und China.
Immer wiederkehrende Erdbeben und starke Regenfaelle verschuetten die Strasse, reissen
sie in die Tiefe oder schlagen Loecher in den Asphalt. Seit einem Erdbebem im Herbst letzten Jahres
ist die ganze Gegend besonders stark betroffen. Unnormal starke Regenfaelle haben unzaehlige Erdrutsche
verursacht die den KKH auf bis zu 35 km!!! Laenge unter sich begraben haben.
Dieses Langste Erdrutschgebiet zwischen Chilas und Talechi wurde erst zwei Tage vor unserer Ankunft fuer den
Verkehr freigegeben.
Fuer uns war das ebenfalls sehr harte Arbeit; immer wieder bergauf mit einem moerderischen Gegenwind ueber
Gesteinsbrocken und Sand.
Immer wieder ging es vorbei an schweren Bulldozern die vor unseren Augen riesige Gesteinsbrocken wegschoben.
Dort war von der Strasse keine Spur mehr.
Am naechsten Morgen um 4:30 hiess es aber wieder raus aus den Federn. Das ich jemals freiwillig
so frueh aufstehen wuerde haette ich vor dieser Tour auch nie fuer moeglich gehalten. Aber der Komfort der
Kuehle am Morgen und der Sicherheitspuffer an Zeit wiegen so schwer das mir das sooo fruehe Aufstehen
sogar gefaellt.
An diesem Morgen waren wir allerdings noch so erschoepft das wir kaum vorwaerts kamen
und ich erzaehlte Mareike wie sehr ich mich jetzt nach einem riesigen Fruehstueck mit Muesli oder
aehnlichem sehnen wuerde, ein unerfuellbarer Traum so schien es. Doch dann geschah das Unmoegliche.
Einige km spaeter konnten wir in einem Ort Nestle Babynahrung, Cornflakes und Bananen erstehen.
Obwohl Nestle mit seiner Gentechnikpolitik zu unseren erklaerten Gegnern gehoert
und wir wo immer moeglich versuchen den allmaechtigen Konzern zu boykottieren war die Freude
gross und wir genossen diesen unverhofften Luxus aus vollen Zuegen.
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