Route: Taftan-Quetta-Lahore

04.11.2002 Taftan-Quetta "The day after"

Der Grenzuebergang bei Mir Jahveh (Iran) und Taftan (Pakistan) war dann wie aus einer Wild West Szenerie. Es stuermte und der feine Sand truebte die Sicht. Geldwechsler auf pakistanischer Seite, so gut wie kein Grenzverkehr, Fliegen zerstoerte Gerbaeude und Muell erzeugten eine Atmosphaere wie in einem duesteren Scince Fiction Film a la "The day after". Alles wirkte wie nach dem Zerfall einer Zivilisation. Trotzdem war unsere Stimmung weder depressiv noch fuehlten wir uns bedroht. Einige Geldwechselr scherzten mit uns. Ein hochgewachsener Baluchi witzelte z.B. ueber die kleinwuechsigen Japaner, was Yoshi unser japanischer Mitreisender mit einer hoehnischen Handbewegung abtat. Wir deutschen und die Pakistaner seien dagegen gross und stark.
Stolz auf ihr Land war die Jungs dort alle miteinander. Einer formulierte es so: "Pakistan=very,very,very,very,very,very good!!!! Very long!!!!" und er gab uns lachend zu verstehen das er das Superlativ noch bis zum naesten Morgen ausgedehnt haette, wenn er nicht so furchtbar viel zu tun gehab haette.

Einer der bewegensten Augenblicke waehrend unserer bisherigen Reise ereignete sich in dem Customs Office (Zoll). Olli und Martin wurden dort gebeten auf ihren Gitarren ein Lied anzustimmen. Als die beiden "Feather in the Wind" spielten und dazu sangen, lauschten nicht nur die Grenbzbeamten sondern auch einige Geldwechsler in der staubigen Amtsstube friedlich und vertraeumt. Dieser Augenblick war einfach einmalig "LOVE and PEACE" in der pakistanischen Grenze.
Auch hier einmal mehr Erlebnisse die in krassem Kontrast zu unseren Horrorerwartungen stehen: Freundliche Grenzbeamte, humorige Geldwechsler in einer bizarren und spannenden Atmosphaere.

Was so alles moeglich ist in Pakistan...

Ankommen

Unbefestigte Strassen, wilde Gestalten mit ebensolchen Turbanen, Stromausfall und verwinkelte Bazare - das ist die Wild-West-Stadt Quetta, die erste nach unzaehligen Kilometern angeblich gesetzlosen Landes, auch Beluchestan genannt. Wir aber duerfen noch mehr erleben! Der Ramadan begann mit einem enormen Regen, der fuer dauerhaften Stromausfall sorgte, die Strassen zu Fluessen werden liess und Martin und Oli dazu veranlasste, unser chickes Hotel (wir hatten im Garten ein Zelt aufgeschlagen) mit feinster Gitarrenmusik zu beschallen.

Zugfahren

Nach zwei erfolglosen Morgen am Bahnhof machten wir uns am dritten Tag mit vor Stolz geschwellter Brust und Tickets fuer ein Air-Con-Sleeper-Abteil, ein bisschen peinlich war es uns auch, auf den Weg zum Bahngleis Nummer 1. Vor Freude jauchzend machten wir einen "Rundgang" in unserem Luxusabteil mit eigenem, nach Krankenhaus riechenden Klo und glaubten zu Anfang, uns zurufen zu muessen, damit wir uns gegenseitig verstehen, so gross war die Entfernung zwischen den beiden Sitzbaenken. Beinfreiheit!
Weil der Zug nur maximal 45 km/h fuhr, konnte man gemuetlich in der Tuer sitzen (unsere Fenster konnte man nicht oeffnen, war doch Air-Con!) und die Kamele in der Wueste des Bolan-Pass bestaunen.
Am naechsten Morgen war alles ganz gruen, Felder neben Felder; Golfplaetze neben Slums!
Als Amiram und ich am Bahnhof von Lahore unsere Raeder aus dem Gepaeckwaggon holen wollten, wurde dieser kurzerhand abgekoppelt, Amiram sprang beherzt und nicht um seine Zukunft wissend, mich zuruecklassend auf und fuhr weg!

Lahore kennenlernen

Nach einer Viertelstunde war er zum Glueck wieder da und wir machten uns im Linksverkehr auf den Weg zum Regal Internet Inn Hostel.
Zwar glaube ich gerne dass diese Stadt mit dem moerderischen Laerm, der verdreckten Luft und den verrueckten Auto- und Rickshaw- und was auch immer Fahrern, viele Opfer fordert, trotzdem konnte ich mir nicht wirklich erklaeren, wovon sich die vielen Greifvoegel, die ueber der Stadt kreisten, ernaehren.
Hier konnten wir auch die Unruhe spueren, die den Ramadan begleitet. Je spaeter der Tag, desto durstiger und hungriger werden alle, der Verkehr nimmt zu wenn der Sonnenuntergang naht (alle kennen die exakte Zeit des Sonnenuntergangs), an den Strassenstaenden stehen die Menschen Schlange nach den frischen Pakore und Samose, die in heissem Fett brodeln und bruellen den Koechen ihre Bestellung zu. Sobald mit dem Ruf des Muezzin der Sonnenuntergang verkuendet wird, tritt eine Ruhe ein, in der alle ihren groessten Hunger stillen, dann geht die Hektik weiter.

Spazieren gehen

Entlang der Hauptstrasse, an lustigen Streifenhoernchen vorbei in die Altstadt. Hier glauben anscheinend einige (und davon soll es in Deutschland auch noch welche geben) dass man(n) von Fleisch stark und von Stierhoden potent(er) wird. Und so werden hier allerlei Innereien, Kuhfuesse (ob man nach Verzehr wohl schneller laufen kann?), tote, halbtote und lebendige Huehner und Stierhoden in Lachen von Blut feil geboten.

Berlinern und was gutes tun

Bevor ich von Karim Ice Cream erzaehle, muss ich noch folgendes berichten. Die Berliner Mauer (zumindest ein kleines Stueck von ihr) steht, zwischen Gemaelden, recht unauffaellig, im Lahore Museum fuer Geschichte des Subkontinents.
Und nun zu Karim (er sagt, mit Ice Cream kann man sich seinen Namen besser merken): er ist ein bemerkenswert netter und lustiger UN-Mitarbeiter aus Quetta, ein Stammesangehoeriger, der uns viel von seiner spannenden Arbeit im Bereich Umweltschutz und Bewaesserung etc erzaehlt hat und der immer auf der Suche ist nach Freiwilligen, die in Projekten mitarbeiten moechten. Es wird fuer Unterkunft gesorgt und ich haette ja beinahe ja gesagt, das haette aber doch fuer einen Schock zu Hause gesorgt und im Ramadan ist es einfach kein Zuckerschlecken in Pakistan!

Eigentlich muessten wir uns diese Geschichte ersparen, aber exklusiv hier fuer Euch:

Amiram, Mareike und Mc Donalds

Es war also immer noch Ramadan (immer noch!) und Amiram und ich waren schon seit einiger Zeit in der Stadt unterwegs gewesen und deshalb auch abstinent und gegen Nachmittag konnten wir unsere Hunger- und Durstgefuehle nicht mehr unterdruecken und entschlosssen uns, in den nahe gelegenen Mc Dooooof zu gehen. Wir gaben unsere Bestellung auf, wurden gefragt, ob wir hier essen wollten oder unser Essen mitnehmen wollten uns setzten uns in die hinterste Ecke, um die Gefuehle der Mitarbeiter nicht zu verletzen. Wir mussten erbaermlich lange auf unser Essen, dass wir gerne auf der Stelle verschlungen haetten, warten. Als wir nachfragten, entschuldigte sich der Chef ganz hoeflich und teilte uns mit, dass wir unmoeglich hier essen koennten. 1000 Dank! Wir bekamen das Geld zurueck, setzten uns in eine Dreck schleudernde Autorickshaw und fuhren zurueck zum Hostel, um dort ein paar Toasts mit Marmelade zu essen.
(Eigentlich sind Reisende und Auslaender vom Ramadan offiziell ausgenommen und auch Restaurants duerfen Essen servieren, eigentlich.)

An zu Hause denken

Das machen Koreaner am liebsten, an dem sie an einer Tube Chilipaste riechen, haben wir von Soona und einem anderem Koreaner erfahren, fand ich sehr lustig. Woran koennte ich denn riechen? Hm, an richtig guter Schokolade oder an einer Erdbeer-Rolle...

Rausfahren

Das war gar nicht so schlimm wie befuerchtet und wir waren uebergluecklich endlich wieder auf den Raedern zu sitzen. Nachdem wir das stinkende Moloch verlassen hatten, kamen wir auf eine idyllische Strasse mit kaum Verkehr. Ach ja richtig, Grenzverkehr gibt es zwischen diesen beiden Laendern ja so gut wie gar nicht. Macht uns nichts, die Fahrt war spitzenklasse und die Grenze gigantisch mit lauter Toren und vielen Gebaeuden und Tribuenen, damit sich die Bewohner der beiden Laender gegenseitig bei der allabendlichen Zeremonie des Flagge runternehmens ausbuhen koennen, ehrlich wahr!

Betrogen werden

Zwei pakistanische Beamte teilten uns mit, dass es nicht erlaubt sei, Waehrung der beiden Laender in das jeweils andere einzufuehren und dass wir auf der Stelle alles Restgeld tauschen muessten; hinter einem Vorhang. Wir fragten noch mehrfach nach, hatten wir doch noch nichts davon gehoert und hatten wir doch bloeder Weise zu grossen Respekt vor einer moeglichen Gepaeckuntersuchung und so gaben wir nahezu alles, und es war leider nicht wenig, zum Tausch mit einem katastrophalen Kurs. Vor der Tuer sahen wir dann eine Bank. Tja.

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